Das Weltraumwetter nimmt in unser technologisch hoch entwickelten Welt immer mehr an Bedeutung zu.
Weltraumwetter: vom Lichtspektakel zum Stromausfall
Das Weltraumwetter kann nicht nur faszinierende Nordlichter hervorrufen, sondern in extremeren Fällen auch Probleme mit technischen Systemen auslösen und unter anderem globale Navigationssysteme, die Satellitenkommunikation oder die Stromversorgung beeinträchtigen. Ein Super-Sonnensturm könnte sogar zu längerfristigen Ausfällen der technischen Infrastruktur führen.
Wenn Sonnenstürme auf die Erde treffen, können sie geomagnetische Stürme auslösen. Dabei handelt es sich um rasche Veränderungen des Erdmagnetfelds, die starke Ströme in langen und leitenden Infrastrukturen wie Stromleitungen und Eisenbahnschienen erzeugen. Dadurch können zum Beispiel Stromleitungen beschädigt werden, was wiederum zu Stromausfällen führen kann. In unserer technologisch hoch entwickelten Welt sind wir für vieles auf Strom angewiesen, und ohne Strom kommt es schnell zu schwerwiegenden Problemen.
Sonnenstürme wurden daher 2023 in die österreichische Nationale Risiko-Analyse aufgenommen, mit dem Ziel, die Verwundbarkeit durch Sonnenstürme zu minimieren. Den negativen Auswirkungen von Sonnenstürmen können mithilfe besserer Vorhersagen der Ankunftszeit und Stärke von geomagnetischen Stürmen entgegengewirkt werden. Diese Vorhersagen sind allerdings nach aktuellem Stand deutlich unpräziser im Vergleich zur terrestrischen Wettervorhersage. Um Sonnenstürme und ihre Auswirkungen besser zu verstehen und die Vorhersage zu verbessern, wird an der GeoSphere Austria im Austrian Space Weather Office zu diesem Thema geforscht.
Austrian Space Weather Office
In Mitteleuropa ist das Austrian Space Weather Office eine einzigartige Forschungseinheit, welche Grundlagenforschung in Heliophysik (Physik der Sonne und ihrer Auswirkungen auf das Sonnensystem) mit der Anwendung im Bereich Weltraumwettervorhersage verbindet. Mit dem Conrad Observatorium, das präzise lokale Daten zum Erdmagnetfeld liefert, und einem Messnetzwerk für geomagnetisch induzierte Ströme durch den österreichischen Stromnetzbetreiber APG gibt es an der GeoSphere Austria eine international hoch innovative Infrastruktur, um Sonnenstürme und deren Auswirkungen von der Sonne bis zum Erdboden durchgehend verfolgen und damit besser verstehen und vorhersagen zu können.
Forschung und Entwicklung für eine genaue Weltraumwettervorhersage
An der GeoSphere Austria werden mit frei verfügbaren Daten von Raumsonden der Europäischen und US-amerikanischen Weltraumorganisationen ESA und NASA Modelle und Simulationen von Sonnenwind, Sonnenstürmen und Nordlichtern erstellt. Diese Modelle und Simulationen sind vor allem auf kurze Rechenzeiten ausgelegt, damit sie in Echtzeit für Vorhersagen eingesetzt werden können. Zudem werden auswirkungsbasierte Studien und Modelle mit Daten kritischer Infrastrukturen (Höchstspannungsnetz) erstellt und verfügbar gemacht (siehe Infobox).
Verbessertes Verständnis von Weltraumwetter
An der GeoSphere Austria wird Grundlagenforschung zum verbesserten physikalischen Verständnis von Sonnenwind und Sonnenstürmen, deren Auswirkungen auf das Erdmagnetfeld, die Erdatmosphäre bis hin zur Erdoberfläche betrieben. Dazu werden die Gebiete Weltraumphysik, Meteorologie und Geologie verknüpft, um Phänomene über die Grenzen unterschiedlicher Forschungsfelder hinweg zu verfolgen und besser zu verstehen. Zum Beispiel können Sonnenstürme von der Sonne über den Sonnenwind bis hin zu deren Auswirkung auf das Erdmagnetfeld verfolgt werden. Forschende im In- und Ausland profitieren von unseren Ergebnissen und nutzen die von uns erstellten offen zugänglichen Kataloge über Sonnenstürme sowie open-source Modelle.
Weiterentwicklung der Weltraumwettervorhersage mit Fokus auf Auswirkungen
Wir entwickeln Produkte, um in Echtzeit die Ankunftszeit und Stärke von geomagnetischen Stürmen vorherzusagen. Dabei wird auch an Warnungen für geomagnetische Stürme in einem Multi-Hazard Kontext gearbeitet. Auswirkungsbasierte Informationen für Betreiber kritischer Infrastruktur wird auf nationaler Ebene und ab 2026 auch auf europäischer Ebene zur Verfügung gestellt. Mit diesen Informationen können Stromnetzbetreiber beispielsweise abschätzen, wie groß die Auswirkungen eines vorhergesagten Sonnensturms auf ihre Netze sein werden und gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen, um die Stromversorgung sicher zu stellen. Auch eine Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inneres befindet sich derzeit in einer Pilotphase, um diese Daten in der Krisenfallvorsorge einzusetzen.
Eine große Rolle spielt auch die Forschung zur Einbindung von Daten neuer Weltraummissionen, womit in den nächsten Jahren deutliche Verbesserungen in den Vorhersagen von Sonnenstürmen und ihre Auswirkungen zu erwarten sind. Die PUNCH Mission der US-amerikanischen Weltraumorganisation NASA wird ab 2025 zum ersten Mal Bilder des Sonnenwinds mit Messungen der Polarisierung des gemessenen Lichts zur Verfügung stellen und die europäische Weltraumorganisation ESA wird ab 2031 mit Vigil die erste Raumsonde in einer geplanten Reihe von Weltraumwetterstationen starten. Aus dem angestrebten Orbit können die Geschwindigkeit und die Richtung von Sonnenstürmen, die sich Richtung Erde bewegen, deutlich besser vermessen werden.
Diese Verknüpfung von Sonnenstürmen und die gesellschaftlichen Auswirkungen ist international noch kaum erforscht und Österreich nimmt hier eine Vorreiterrolle ein.
Einschätzung: werden Nordlichter zu sehen sein?
Über Presseaussendungen und Social Media Postings informiert die GeoSphere Austria über aktuelle Nordlichtereignisse und den derzeitigen Stand des Sonnenzyklus. Im Speziellen geben wir wissenschaftlich fundierte Einschätzungen, wann in Österreich und Mitteleuropa, aber auch weltweit, Nordlichter zu sehen sein können.
Aufnahme eines starken Strahlungsausbruches auf der Sonne am 9. Oktober 2024 von der Raumsonde Solar Dynamics Observatory der NASA. Sogenannte Flares treten oft in Verbindung mit Ausbrüchen von Sonnenstürmen auf. Mit freundlicher Genehmigung von NASA/SDO und den Wissenschaftsteams von AIA, EVE und HMI.
Ein Sonnensturm am 9. Oktober 2024, aufgenommen von den Raumsonden SDO der NASA und SOHO der ESA. Der Sturm, der auf die Erde gerichtet ist, ist ringförmig um die Sonne sichtbar. Der Komet Tsuchinshan-ATLAS ist ebenfalls zu sehen.