Gravitative Massenbewegungen
Hangrutschungen, Steinschläge, Fels- und Bergstürze können große Schäden an Gebäuden und Infrastruktur verursachen. Infolge dessen gefährden sie den Lebensraum und die wirtschaftliche Existenz des Menschen.
Durch Schwerkraft verursachte Naturgefahrenprozesse wie etwa Hangrutschungen oder Felsstürze verursachen in Österreich jedes Jahr erhebliche ökonomische, soziale und ökologische Schäden. Dies ist in erster Linie durch natürliche geologisch-geomorphologische Faktoren sowie durch extreme Wetterereignisse bedingt. Jedoch verstärken die intensive menschliche Nutzung potenziell gefährdeter Gebiete und der Klimawandel die Vulnerabilität gegenüber diesen Prozessen. Eine Stärkung der gesellschaftlichen Resilienz durch gefahrenpräventive Ansätze ist daher unerlässlich. Gefahrenhinweiskarten, Schutzbauwerke und Maßnahmen zur Stabilisierung von Hängen benötigen eine gute Datenlage und eine breite Fachexpertise zu den geologischen Verhältnissen, den Gefahrenprozessen und den möglichen Gefährdungsszenarien.
Unter diesem Überbegriff versteht man die schwerkraftbedingte, hangabwärts gerichtete, bruchlose und bruchhafte Verlagerungen von Fels- und/oder Lockergestein. Auf Basis dieser Definition erfolgt die weitere Unterteilung nach dem Bewegungsmechanismus (Fallen, Kippen, Gleiten, Driften, Fließen), der Materialzusammensetzung, der Geschwindigkeit, des Volumens, der Geometrie und dem Tiefgang einer bewegten Masse. Letztendlich leiten sich daraus gängige Begriffe wie Lockergesteinsrutschung, Felsgleitung, Steinschlag, Fels- und Bergsturz, Talzuschub, Schuttstrom und Hangmure ab, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Auslöser für gravitative Massenbewegungen können meteorologische Phänomene wie Starkniederschlag, Frost-Tau-Wechsel, langsam ablaufende Erosions- und Verwitterungsprozesse oder auch Erdbeben sein.
Die GeoSphere Austria liefert mit der systematischen Erfassung gravitativer Massenbewegungen im Rahmen anlassbezogener Dokumentationen, beispielsweise bei regionalen Katastrophenereignissen, sowie der Basisdatenerhebung im Zuge der geologischen Landesaufnahme eine wichtige Datengrundlage für raumplanerische und gefahrenpräventive Zielsetzungen. Hinzu kommt die umfangreiche Auswertung extern verfügbarer Datenquellen. Als Erkundungsmethoden im Gelände werden die ingenieurgeologische Kartierung sowie luft- und bodengestützte, geophysikalische Messungen eingesetzt. Ergänzt werden diese durch Fernerkundungen mittels Luftbildern, digitaler Geländemodelle, Drohnen- und Satellitendaten. Teilweise werden diverse Langzeitmessgeräte in ausgewählten Gebieten installiert, um natürliche Prozesse besser zu verstehen. Dies verbessert die Beurteilung von Gefahrenpotenzialen und ermöglicht fundierte Präventivmaßnahmen hinsichtlich möglicher Auswirkungen gravitativer Massenbewegungen auf kritische Infrastrukturen, wie etwa Verkehrswege und Versorgungsleitungen. Zunehmende Bedeutung erlangt die satellitengestützte Erfassung und Analyse der Geländeoberfläche in Kombination mit regionalen Wettervorhersagemodellen. Hier besteht noch viel Forschungsbedarf, um die Basis für die Realisierung künftiger Frühwarnsysteme zu schaffen.
Die GeoSphere Austria verfügt über den derzeit umfangreichsten, österreichweiten Datenbestand hinsichtlich gravitativer Massenbewegungen, der für möglichst objektive raumplanerische und gefahrenpräventive Aspekte wichtig ist. Dessen Dokumentation in Karten, Daten und Berichten kann online über Web Services und Datenportale von der Allgemeinheit abgerufen werden. Im Anlassfall gravitativer Massenbewegungsereignisse können insbesondere Entscheidungsträger von der Fachexpertise und den technischen Mess- und Monitoringsystemen der GeoSphere Austria profitieren.
Die konsequente Forschungstätigkeit in diesem Bereich an der GeoSphere Austria führt zu einer ständigen Erweiterung und Verbesserung der vorhandenen Datenbasis und liefert damit die Grundlage für eine möglichst objektive Beurteilung der gegenwärtigen und zukünftigen Gefährdungssituation.