Klimawandel

Sonnblick Observatorium: neues Messgerät identifiziert Aerosole mit Künstlicher Intelligenz

Am Sonnblick Observatorium der GeoSphere Austria wurde ein spezielles Messgerät für Bioaerosole installiert. Es misst in der Luft vorhandene Bioaerosole mit verschiedenen physikalischen Methoden und Künstlicher Intelligenz, wie zum Beispiel Pollen und Pilzsporen, aber auch Mineralstaubpartikel, Wolkentropfen und Eiskristalle. Die Daten dienen unter anderem der Klimaforschung, etwa um offene Fragen der Bildung von Wolken und Niederschlag zu untersuchen.

Das Sonnblick Observatorium der GeoSphere Austria befindet sich in den Hohen Tauern auf rund 3100 Meter Seehöhe und ist weltweit eine der wichtigsten Mess- und Forschungsstationen dieser Art.

Seit einigen Monaten betreibt die GeoSphere Austria am Sonnblick Observatorium ein Gerät zur automatischen Messung und Analyse von Bioaerosolen, einen SwisensPoleno Jupiter.

Verschiedene Messgeräte

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Messplattform am Sonnblick Observatorium in 3.100 Meter Seehöhe. Der Pfeil im rechten Bild markiert das neue Messgerät für Bioaerosole. © GeoSphere Austria/Burkart.

Erste dauerhafte Messung in Österreichs Hochgebirge

Damit hat Österreich erstmals eine dauerhafte Messstelle im Hochgebirge für die automatische Überwachung von Bioaerosolen. Bioaerosole sind winzige Teilchen in der Luft, die einen natürlichen Ursprung haben. Dazu gehören zum Beispiel Pollen, Pilzsporen, Bakterien und Fragmente von biologischem Material. Ihre Größe liegt je nach Art im Bereich von einigen Hundertstel, Tausendstel oder Zehntausendstel eines Millimeters. Typ und Konzentration von Bioaerosolen in der Luft haben vielfältige Auswirkungen auf Wetter, Klima, Vegetation und Mensch. Die Themen reichen von Pollenallergien bis zur Entstehung von Wolken, Regen und Schneefall.

Mikroskopische Aufnahmen von Pollen, Pilzsporen und Eiskristallen

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Das neue Messgerät misst automatisch unterschiedliche Arten von Pollen, Pilzsporen, Pfanzenfragementen, Eiskristallen und vieles mehr. Die Bilder wurden mit den neuen Messgerät erstellt. Die Kantenlänge eines Bildes entspricht 120 Mikrometer (0,12 Millimeter). © GeoSphere Austria/Burkart.

Digitale Bilder und Künstliche Intelligenz

„Herkömmliche Pollenmessgeräte, auch Pollenfallen genannt, müssen regelmäßig händisch unter dem Mikroskop ausgewertet werden, daher sind die Daten nur mit deutlicher zeitlicher Verzögerung verfügbar. Das neue Messsystem am Sonnblick hingegen unterscheidet automatisch die unterschiedlichen Aerosolarten. Außerdem sollen die Messungen und ihr zeitlicher Verlauf in Zukunft auch in nahezu-Echtzeit online abrufbar sein“, erklärt die Projektverantwortliche und Physikerin Julia Burkart von der GeoSphere Austria, „zum Beispiel erzeugt das neue Messgerät holografische Bilder der Aerosole und daraus digitale Abbildungen. Weiters wird über Lichtstreuung und Fluoreszenz eine Art digitaler Fingerabdruck der Aerosole analysiert. Die Software zur Auswertung arbeitet mit Methoden der Künstlichen Intelligenz und kann somit trainiert werden, die Aerosolarten immer besser zu unterscheiden.“

Mikroskopische Aufnahme von Aerosolen

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Bioaerosole (grün eingefärbt) und Mineralstaub (teils Wüstenstaub) aus einer Messung am Sonnblick (elektronenmikroskopische Aufnahme). Die Größe der einzelnen Teilchen liegt im Bereich von einem Hundertstel Millimeter. © GeoSphere Austria/Burkart.

Wichtiger Faktor bei Bildung von Wolken und Niederschlag

Der Nutzen der Messungen ist vielfältig. Aerosole spielen zum Beispiel eine wichtige Rolle bei der Entstehung von Wolken und Niederschlag. Denn fast immer sind Aerosole beteiligt, wenn sich Tröpfchen oder Eiskristalle bilden. Aber noch immer sind dabei nicht alle Prozesse und Wechselwirkungen erforscht. Langfristige Änderungen der Art und Anzahl von Aerosolen in der Luft wirken sich somit auf Bewölkung, Regen und Schneefall aus und sind ein wichtiger Faktor in Klimamodellen, die Szenarien für die nächsten Jahrzehnte berechnen.

Alpine Landschaft, Klimawandel und Bioaerosole

„Durch den Klimawandel kommt es besonders in hochalpinen Regionen zu sehr vielen Veränderungen. Die Gletscher ziehen sich zurück, die Schneebedeckung wird weniger, die Zusammensetzung der Vegetation ändert sich und einige Pflanzenarten dringen in höhere Lagen vor“, sagt Julia Burkart, „Ziel ist es, zu erforschen, wie sich dies auf die Konzentration und Art der Pollen, Pilzsporen und anderen Bioaerosolen auswirkt und welche Effekte wir dadurch erwarten können. Die abgeschiedene Lage des Sonnblick Observatoriums eignet sich besonders gut, Transportprozesse von Bioaerosolen zu untersuchen.“

Österreichische Forschungszusammenarbeit

In der derzeitigen Startphase werden Messgerät und Analyseprogramme auf die speziellen Bedingungen am Sonnblick eingestellt. Um möglichst genau die hier vorhandenen unterschiedlichen Bioaerosole zu identifizieren.

 Die Forschungsarbeiten finden unter anderem im Rahmen des Vienna Network for Atmospheric Research (VINAR) statt.

Das Messgerät ist Teil des Projekts AeroCloud-AT, das der Erforschung der Wechselwirkungen zwischen Aerosolen und Wolken dient. Das Projekt läuft in einer Zusammenarbeit von Technischer Universität Wien, Universität Wien und GeoSphere Austria, finanziert von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).